do not listen with half an ear
ohrenhoch – der Geräuschladen
Weichselstr. 49 12045 Berlin |
Zu hören am Sonntag 5., 12., 19., 26. Mai 2019, 14:00 – 21:00 Uhr:
do not listen with half an ear
some listening exercises
von Rilo Chmielorz, Berlin
und Anna Homler, Los Angeles
Kurator, Lautsprecherinstallation: Knut Remond
(2019, Uraufführung)
„Mit halbem Ohr (zu)hören“ – was für ein schönes Paradox! Ein halbes Ohr gibt es nicht. Es gibt ein Ohr und es gibt zwei Ohren. Gemeint ist mit diesem sprachlichen Paradox ein unkonzentriertes Hören. Ein unkonzentriertes Hören ist kein Soundaktivismus. Die OHRENHOCH-KIDS sagen zu recht: „HÖREN IST ARBEIT“.
Daraus ist die Idee entstanden mehrere Miniaturen zu kreieren als eine Art „Hör-Übung“ mit dem Titel:
DO NOT LISTEN WITH HALF AN EAR
Eine ironisch, lakonische Lektion, in der neben Feedbacks und Parasiten aus meiner akustischen Schatzkiste auch analoge Soundquellen im Fokus stehen, aus einer Zeit als die Reproduzierbarkeit von Ton eine neue technische Errungenschaft war – wie z.B. das Transistor-Radio, das einfach die Radiowellen, die überall um uns herumschwirren, einfängt, und ein Grammophon.
Letzteres spielt tatsächlich nur Mono – sozusagen „mit halbem Ohr“ (?).
„HÖREN IST ARBEIT“ – wir sollten es üben. Gerade in Zeiten von medialer Überflutung und diskursiver Erosion sollten unsere Ohren akustisch gereinigt und das Trommelfell massiert werden. Das erledigen vor allen Dingen die Parasiten und Feedbacks ganz vortrefflich.
Dann habe ich die ersten Klangstücke nach Los Angeles verschickt. Anna Homler hat darauf reagiert:
Spielzeug und Stimme kamen aus L.A. und Anna schrieb:
„In diesem Projekt, in dem es um „sonic exchange“ (Klang-Austausch) geht, habe ich versucht mich mit Rilo´s Klängen zu unterhalten. Ihre Soundscapes waren sehr besonders und ich wollte mit sehr spezifischen Klängen antworten – Klängen, die sich manchmal komplementär verhalten oder einen Kontrast setzen. Diese Klang-Welt ist für mich sehr einladend und ich hoffe, dass es anderen Ohren auch so geht.“
Und ich frage mich immer noch, ob Anna uns da nicht auch in einer fremden – indigen anmutenden – Sprache das Märchen vom Hasen erzählt, der sich weigerte seine Ohren zu spitzen ….
Es gibt keinen Anfang und kein Ende. Der Prozess geht weiter – genauso wie Soundaktivismus. Ein ewiger Loop auf Ohrenhöhe.
(Text: Rilo Chmielorz)
Dank an die Ohrenhoch-Kids Benjamin und Aila!
kinoKlang Wie klingt Kino? Der Raum, das Publikum, der Film?
https://dokublog.de/a/kinoklang
Im Reich der Optophoneten
Von Rilo Chmielorz
Ein akustisches Märchen über Störenfriede aus der Welt des Filmtons. Das hier vorgestellte Stück beleuchtet das potentielle akustische Eigenleben eines Zelluoid-Lichtton-Streifens. Kompositorische Klammer bilden die Geräusche eines historischen Filmvorführgerätes, das den Hörer entführt in einen Hörfilm, in dem sich verkratzte Tonspuren in feine abstrakte Klangteppiche verwandeln können, musikalische Fragmente ebenso auftauchen wie das ein oder andere elektronisch verbrämte Filmzitat, das von Ferne herein weht. Die „Optophoneten“ treten als kleine, witzige – akustisch-parasitäre – Störenfriede auf, die wie Kobolde aus einem (Film)märchen den Hörer in einen eigenen Kosmos entführen.
69. Berlinale 2019/Forum AFRICAN MIRROR Ein Film von Mischa Hedinger
69. Berlinale 2019/Forum
AFRICAN MIRROR
Ein Film von Mischa Hedinger
Ein kluger Titel. Ein kluger Film. Sechs Jahre lang tauchte der schweizer Filmemacher Mischa Hedinger in das Archiv von René Gardi. René Gardi war seit Anfang der 50iger Jahre ein Afrika-Reisender gewesen. Von seinen Expeditionen brachte er Fotos, Filme und Tagebuchaufzeichnungen mit und tingelte damit durch die Schweiz. Er hielt Dia-Vorträge und bestückte Fernsehsendungen über „seine schönen Wilden in seinem Arkadien“. So prägte er ein Bild von Afrika nicht nur für Generationen von Eidgenossen.
Mischa Hedinger (Buch, Regie, Schnitt) hat für diesen Film keine einzige Szene selbst gedreht und verzichtet (Gott sei Dank!) auf eine Stimme aus dem OFF. Er läßt Gardi´s Dokumente für sich sprechen und kreiert damit seinen „AFRICAN MIRROR“. Der Film ist so geschickt (de)montiert, dass der Spiegel in tausend Stücke zu zerbrechen scheint und uns in ein künstlerisches Spiegelkabinett entführt, in dem wir uns ständig selbst spiegeln und uns heftig den Kopf stoßen.
Koloniale Strukturen bestimmen immer noch das Weltgeschehen. Das koloniale Erbe ist ein gewaltiges Dilemma, das wir nie mehr los werden. Wir müssen damit leben. Jeden Tag aufs Neue. Der Film ist nach 84 Minuten zu Ende, aber die Bilder und mein Spiegel hören nicht auf zu blitzen.
Mischa Hedinger, David Assmann und ich waren beim diesjährigen dokKa-Festival die Jury-Mitglieder. Wir haben folgende Dokumentarfilme und Hördokumentationen ausgezeichnet:
dokKa-Preis der Stadt Karlsruhe
„Die anderen Plätze“ von Marco Kugel und Simon Quack
Die anstehende Fussball-WM wird Millionen von Kinderherzen mit dem Traum vom Profifussball infizieren. Die allermeisten werden diesen Traum irgendwann aufgeben. Einige werden es zu Ruhm und Reichtum bringen. Aber es gibt noch eine dritte Gruppe: sie schaffen es, Fussballer zu werden, aber stehen irgendwann ohne Vertrag und Verein da – sie sind arbeitslos. In ihrem Film „Die anderen Plätze“ richten Marco Kugel und Simon Quack den Fokus auf diese durchs Raster Gefallenen, die sich beim alljährlichen Camp der Fussballergewerkschaft fit halten und über ihre Optionen jenseits des Fussballplatzes informieren. Der Film zeigt die unglamouröse Kehrseite des Traums vom Fussballstar und schliesst damit eine Lücke in der Wahrnehmung des Systems Fussball. Dabei entwickelt „Die anderen Plätze“ eine eigenständige Bild- und Tonsprache und unterläuft raffiniert die ästhetischen und dramaturgischen Konventionen der Fussballberichterstattung.
dokKa-Preis für die ausgezeichnete Hördokumentation
„Zeit ist Frist. Mein Herz. Ich.“ von Michael Lissek
Kann ein Radio-Feature ohne O-Töne auskommen? Ja. Und Nein. Im vorliegenden Fall hören wir nur einen einzigen O-Ton. Es ist ein aussergewöhnlicher Original-Ton, denn er hat eine literarische Form angenommen. Der Autor lässt uns teilhaben an einer existenziellen Grenzerfahrung. Raum und Zeit lösen sich in einem Krankenzimmer auf. Das frisch operierte Herz hebt die Geometrie aus den Angeln. Gleichsam traumwandlerisch öffnen sich Tore und Türen einer akustischen Imagination und die Welt hält Einzug in dieses Krankenzimmer: plötzlich wird es bevölkert von singenden Vögeln und lärmenden Kindern.
Persönliche Verletzbarkeit und Verletzlichkeit transformieren zu einer universellen Reflektion über das Leben und seine Endlichkeit: „Zeit ist Frist. Mein Herz. Ich.“
dokKa-Förderpreis Dokumentarfilm
„Familienleben“ von Irina Heckmann
Irina Heckmann ist ganz nah dran: als Kamerafrau an den Gesichtern, als Schwester, Tochter und Enkelin an ihren Figuren. Gleichzeitig zeichnet sich ihre Haltung durch eine grosse Offenheit aus, gegenüber den Menschen und ihren Eigenheiten, als Dokumentarfilmerin aber auch gegenüber allem, was vor der Kamera passiert. Sie erzwingt nichts, sondern schafft Raum und Aufmerksamkeit für Spontanes, Alltägliches, scheinbar Nebensächliches. So gelingt ihr in ihrem Abschlussfilm „Familienleben“ ein einfühlsames Portrait ihrer Familie, die 2001 als Spätaussiedler aus Sibirien nach Deutschland gekommen ist. Ein liebevolles und hochspezifisches Familienbild entsteht, das über sich hinaus weist.
Lobende Erwähnung
„Neun Stockwerke neues Deutschland“ von Reinhard Schneider
Reinhard Schneider entführt uns in einen superlebendigen Mikrokosmos: „Neun Stockwerke neues Deutschland“ mitten in Gladbeck. Die Türe geht auf und schon werden wir Teil des Geschehens, genauso wie der Autor auf angenehm distanzlose Weise zum Kumpel der Protagonisten aus aller Herren Länder wird. Im neunstöckigen Hochhaus überschlagen sich Ereignisse und Protagonisten in einer erbarmungslosen Gleichzeitigkeit. Mit spröder Ruhrpott-Herzlichkeit und einem Augenzwinkern beschreibt der Autor diese Menschen unterschiedlicher Herkunft, die es trotz ihrer Widersprüche und Gegensätze irgendwie schaffen, so etwas wie Koexistenz hinzukriegen – ganz ohne Sozialarbeiter.
Leaking Territories//Performance von Alexandra Pirici//Skulpturprojekte Münster 2017
Im großen Eingangsfoyer des historischen Rathaus trudeln erste Besucher ein. Am anderen Ende des Foyers sehe ich vier junge Frauen und zwei Männer die Treppe herunterkommen. Das müssen die Performer sein. Sie tragen Alltagsklamotten, Jeans, T-Shirt und Turnschuhe wie die meisten anderen Anwesenden auch. So mischen sie sich unter das Publikum. Wirklich unterscheiden kann ich sie erst, als sie ihre Stimmen erheben: ein trauriges Lamento hallt durch den Raum: we are nowhere ….. Vorsicht! wir befinden uns auf „Leaking Territories“.
Fast wie in einer Prozession werden wir dann in den Friedenssaal geleitet.
In einer Ecke verschmelzen die 6 Performer-Körper zu einer amorphen Skulptur auf dem Boden, langsam wälzen sie sich auseinander, kommen zum Stehen und dann beginnt ein trauriges Rezital. Die Performer nehmen uns mit auf eine geopolitische Reise durch die Geschichte: Krieg, Revolution, Flucht, Freiheit und immer wieder auch Kunst bis wir zu einer analogen Google-Suchmaschine gelangen. Jeweils ein Performer zitiert ein Ereignis, dem ursprünglich – innerhalb der künstlerischen Recherche – ein Bild, eine Fotografie, eine Skulptur, ein Poem zu Grunde liegt. Wir sehen die Fotos und Abbildungen nicht. Alexandra Pirici und ihre Performer verkörpern sie uns: das abgebildete Ereignis wird re-zitiert und in Beziehung gesetzt zum Ort, an dem wir uns befinden.
Die aus aller Herren Länder kommenden Tänzer-Performer sprechen englisch. Nicht immer werden alle Besucher alles verstehen, aber die Darstellung hilft, denn gleichzeitig frieren andere Performer die Geste des Abgebildeten, das wir nicht sehen, skulptural für einen kurzen Moment ein: die Hände erhoben, zu Tode gekrümmt, elegisch einen imaginären weiten Horizont kontemplierend, eine tatsächliche Skulptur nachstellend, eine Zeitlupenbewegung vollziehend. Alexandra Pirici ist eine Meisterin dieser abstrakten Mimikry.
So gelangen wir vom Westfälischen Frieden über Caspar David Friedrich`s „Mondaufgang über dem Meer“ unter anderem zur Pariser Kommune, ins Warschauer Ghetto, zu Sol LeWitt´s „Black Form“, zum Tahir-Platz, auf chinesische Öl-Bohrinseln, den sogenannten „mobile national territories“, nach Pälestina und zu Peter Fechter, der bei einem Fluchtversuch nach Westdeutschland an der Mauer erschossen wurde, zum Maidan, zum Börsencrash von 2010, in die unendliche Weite des Universum – Neil Armstrong´s erster Schritt auf dem Mond – und schließlich ins World Wide Web.
Es ist lexikalisches Wissen, das hier re-zitiert wird – versinnbildlicht und verkörpert durch die skulpturalen und gleichzeitig fragilen Gesten der Performer. Dabei werden uns stets die Koordinaten genannt oder die Jahreszahl, damit wir wissen, welche Entfernungen uns von den anderen Orten und Ereignissen trennen und welche zeitliche Distanzen. Der Raum wird angefüllt mit einem imaginären Netz aus „time-lines“ und „space-lines“. Ich frage mich, ob es ein Spinnennetz ist….? Das Spinnennetz der Geschichte? Sind wir in diesen gesponnenen Fäden gefangen, weil sich Geschichte immer und immer und immer wiederholt?
Here we are! versichern uns die Performer.
„Leaking Territories“. Die Grenzen sind undicht. Der gesamte Raum ist Bühne, immer wieder bahnen sich die Performer ihren Weg durch das Publikum, das für einen Moment zu „displaced persons“ wird und sich eine neue Position im Raum suchen muss. Einige verlassen sogar den Ort des Geschehens. Zu nah scheint ihnen das Geschehen auf die Pelle zu rücken.
Schließlich gelangen wir zu Google: die Performer agieren als analoge, verkörperte Suchmaschine. Das Publikum wird aufgefordert einen Begriff zu nennen, der gegoogelt werden soll. Die sechs Performer stehen nun in einer Reihe an der Stirnseite des Raumes unterm Kruzifix, ganz entspannt, fast privat – reagieren spontan auf die Anfragen des Publikums und antworten nur auf ihre individuelle Allgemeinbildung gestützt.
Nach etwa 35 Minuten erheben die Performer wieder ihre Stimme – und ihr trauriger Gesang geleitet uns zurück in das Foyer. Das scheinbare Ende ist aber nur der Anfang, denn wie in einer Wiederholungsschleife vollzieht sich die Performance erneut – einem Ritual gleich – wieder und wieder und wieder …….. und wieder.
Nach mehreren Loops verlasse ich das Historische Rathaus in einer leicht melancholischen Stimmung, trete auf die Straße und bin geblendet – nicht nur von der gleissenden Sonne, sondern auch vom Münsteraner Wohlstand, der sich hier unter den schönen Arkaden am Prinzipalmarkt auf´s Vortrefflichste selbst inszeniert.
Der unbekannte Akkordeonspieler scheint unermüdlich – auch er loopt – in endlosen Improvisationen immer die gleiche Melodie …..
Die Skulptur Projekte Münster laufen noch bis zum 1. Oktober 2017. Die Performance „Leaking Territories“ kann man dienstags bis sonntags von 16 Uhr bis 20 Uhr erleben.
SWR2 Feature am Sonntag 9.4.; 14.05 „Die Welt braucht dich“ – eine Geschichte im Freestyle
http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/feature/swr2-feature-am-sonntag-die-welt-braucht-dich/-/id=659934/did=19062042/nid=659934/ufvsjh/index.html
Jamal alias MC konTa und Eymen alias MC Intifada touren als Rapper durch die Republik. Ihre Devise: Gemeinsam sind wir stark! Für eine Welt frei von Diskriminierung!
Jamal: Rasta-Locken, Vater aus Guinea, Mutter aus dem Libanon. Eymen: kurze Haare, Vater Tunesier, Mutter Deutsche. Die völlig unterschiedlichen Charaktere verstehen sich als „brothers from another mother“ – ziemlich allerbeste Freunde.
Der 28-jährige Eymen studiert Sozialarbeit; lebt in der Dortmunder Nordstadt, macht Rap- und Hip-Hop-Workshops mit den Kids, geht boxen und in die Moschee. Der 30-jährige Jamal lebt in Berlin, hat eine kleine Tochter, arbeitet mit Jugendlichen und Flüchtlingen im ganzen Land, betreibt Aikido und hat immer seine zerfledderte Bibel dabei. Eymen hat eine Karriere als Versicherungsvertreter hinter sich. Jamal einen Versuch als Getränkehändler. Jamal und Eymen rappen ihr Leben.
berlin – einen tag danach
Heute am späten Nachmittag habe ich mich aufgemacht in Richtung Breitscheidplatz. Als ich am Zoo aus der S-Bahn stieg, kam mir Berlin so leise vor. Dann: Richtung Ort des Geschehens – alles weiträumig abgesperrt – unzählige Polizisten – auch auf dem Flachdach von Bikini Berlin. Ich musste an Rio Reiser´s „TON STEINE SCHERBEN“ denken, die im Refrain sangen „der Mariannenplatz war blau, so viel Bullen waren da“. Der Zugang zu Bikini Berlin: auch abgesperrt. Unzählige Kerzenlichter und Blumen. Man spürt, dass die Menschen das Ereignis irgendwie ritualisieren müssen. Kein Verkehr hier. Berlin ist leise geworden.
Ich fahre weiter zum Hauptbahnhof. 19h. Niemals habe ich den Hauptbahnhof so erlebt. Ein Ort, der normalerweise überquillt von Menschen und eine für mich (normalerweise) unerträgliche Energie verbreitet, kommt mir unendlich leer vor. Die Reisenden huschen. Einige Rolltreppen sind gesperrt. Ich stelle mir vor, dass sich selbst auf dem Bielefelder Bahnhof zu dieser Zeit mehr Menschen befinden müssen. Berlin hat nicht nur einen Gang zurückgeschaltet. Leise ist es geworden, aber nicht still. Keine stille Nacht. Weihnachten war anders.
radio – s – on // arte sonoro // workshop
El termino „arte sonoro“ abre un abanico muy amplio – desde las instalaciones audiovisuales y multicanales, las grabaciones de campo (field-recordings), los „listening rooms“ hasta los más sofisticados DJs. Pero no deberíamos hablar sobre „arte sonoro“ sin hacer referencia a la radio.
Al principio del siglo XX el nuevo medio de la radio unía tanto la reproducción como la dislocación del mundo de las cosas y creaba por primera vez un mundo de la escucha. En él se podía percibir el mundo de las cosas a través del oído interior como si de un cine dentro de la cabeza se tratara. El escritor alemán Thomas Mann comentaba entonces que „el mundo entero entraba en las casas a través de la radio“.
Asimismo la radio forma parte de nuestra vida diaria como objeto: como „aparatus tecnicus“, como fuente de ondas sonoras, como podcast en el ordenador o como un objeto de diseño dentro de nuestro mundo de las cosas.
La radio emite ondas sonoras. Un proceso físico. Un proceso que se efectúa en un „no-lugar“. Por lo tanto podríamos definir la radio como un no-lugar y como no-lugar es una utopía (véase al respecto el texto „Michel Foucault: otros espacios“). Una utopía donde se unen la reproducción y la dislocación de las cosas del mundo, creando un verdadero arte de la escucha que provoca la concentración en lo ausente, y cuya intensidad disipa toda la atención en lo presente, llevándonos a otro espacio.
Todo tipo de arte sonoro alberga esa obligación vinculante como arte de la escucha. Hoy en día la radio parece que funciona mayoritariamente al revés: la disipación se ha transformado en el contenido del programa y ayuda al oyente para que se concentre mejor en sus tareas diarias.
Dentro del taller haríamos un breve recorido del arte sonoro dentro del arte contemporáneo y también de la historia de la radio, enfocándonos, entre otros, en ilustres artistas como Ramón Gómez de la Serna, pionero en Radio Unión (en cuyo tarjeta figuraba la leyenda „poseedor de un micrófono“) o el artista fluxus Wolf Vostell que ya realizó un radio-happening en 1969.
„No it is!“ (Gropius Bau noch bis zum 21.8.2016)
M A I L L I W E G D I R T N E K
who´s that guy?
W I L L I A M K E N T R I D G E
EINER DER obsessiv mit seinem Spiegelbild redet, Filme rückwärts laufen lässt, rückwärts sprechen und singen lässt.
„it´s not me and the horse is not mine.“
who is me?
who is in the mirror?
und warum gehört das Pferd nicht ihm?
Würden wir das Wort „Pferd“ in M A I L L I W´s Enzyklopädien nachschlagen, die in seiner Atelier-WUNDERKAMMER I ausliegen, würde es wahrscheinlich nicht lesbar sein, denn eine gestische Pinselzeichnung (der Verzweiflung? des abstraken Hinzufügens?) oder eine tanzende Figur machte die Erklärung wahrscheinlich unkenntlich, aber keineswegs bliebe diese kleine Performance ohne Erkenntnis.
K. macht in seiner „Drawing Lesson“ ein Pferd aus schwarzen Papierschnipseln. Die Papierschnipsel werden verschoben, die Form verändert sich, aber es bleibt ein Pferd. Wir erkennen ein Pferd, aber es ist nicht unser Pferd. Dennoch ist es ein Schlüssel zur Welt. K. sagt, das Blatt Papier mit dem Pferd ist eine Membran zwischen Betrachter und Welt. Und insofern unterliegen die Gefangenen in Platon´s Höhlengleichnis keiner Täuschung, denn was sie sehen gehört zur Wahrnehmung und zur Erkenntnis der Welt. Deswegen gehört das Pferd niemals ihm oder uns.
Eine Enzyklopädie kann die Welt nicht erklären.
„How to give sense to the world?“ fragt der Künstler.
Zeichnen (!) um der Welt einen Sinn zu geben. Wenn ich mich umschaue in „No it is!“, versucht Kentridge der Welt Sinn zu verleihen in SCHWARZ // WEISS. Black and White. Licht und Schatten. Zeichnen mit schwarzem Pinsel auf hellem Papier. Animierte Schnipsel, amorphe Figuren, huschen in seinen Filmen über die Leinwand in einer ständigen Metamorphose, Schattenrisse ihrer selbst. Nur der Kater (Felix in Exile) ist blau, wenn er nachts bei Mondlicht durch die Stadt streicht.
E G D I R T N E K ist Jahrgang 1955, ungefähr so alt wie ich. Er wächst im weissem Bildungsbürgertum in Südafrika auf. In einer Gesellschaft der APARTHEID. Es gibt nur schwarz und weiss. William hatte Glück. Er ist weiss. Aber sein Schatten ist auch schwarz. Gibt es eine Verbindung? Disorder. „Disorder of Melancholy“, eine weitere Enzyklopädie in seiner WUNDERKAMMER I – übermalt // schwarz // weiss. Mein Schatten fällt auf die Vitrine.
Auf der Bühne steht der weisse, weise Mann am Rednerpult in seiner theatralischen „Drawing Lesson, Refuse the hour“. Es geht um die philosophische und politische Dimension von Zeit: die Einführung der mitteleuropäischen Zeit wird als kolonialer Akt gedacht, denn sie hat den indigenen Völkern ihren Zenit gestohlen. K. dröselt seinen Gedankengang sehr fein auf – er fährt Musik und Tanz dazu auf – eine weitere Membran zwischen dem Betrachter und der Welt. „Disorder of Melancholy“. Und immer wieder diese melancholische Minimal-Musik von Philip Miller.
Hier – wie in seinem 8-kanaligen Prozessions-Video “ More sweetly play the Dance“ – ein Hauch von Farbe wie eine handkolorierte Schwarz/Weiss-Fotografie.
Eine endlose P r o z e s s i o n – P r o z e s s – i o n. Uncertainty. Sind es noch Lebende oder schon Tote, die über den Fluss müssen und dem Fährmann Charon ihren Obolus entrichten werden, um in das Totenreich zu gelangen? Eine Sisyphos-Liturgie auf acht Leinwänden. Untermalt von der eindringlichen Musik von Philip Miller. Mir scheint hier wird ein Stück Moderne zu Grabe getragen.
In seinem Atelier wandert K. umher, unruhig wie ein Tiger im Käfig – nur in der Bewegung kann sich etwas manifestieren – das Atelier ist der wichtige Ort, die Wunderkammer – Prozess und Prozession. Auf acht Projektionsflächen taucht der Meister immer wieder auf, oft mit sich selbst – immer wieder fragend – Spiegel im Spiegel im Spiegel. Der Vorgang des Zeichnens läuft rückwärts – und dann wieder nur ein weisses, unbeschriebenes Blatt. Eine nackte, weisse Frau steigt die Treppe zu seinem Atelier herunter. (Ich denke Marcel Duchamp und Gerhard Richter). Warum ist es eine weisse Frau? und keine Schwarze? Seine Tänzerin ist schwarz, seine rezitierende Sängerin, Joanna Dudley, eine Weisse (A guided Tour of the Exhibition for Soprano and Handbag).
Alle Medien, die K E N T R I D G E benutzt, scheinen wie seziert, an ihre Grenzen getrieben und am Ende irgendwie doch zusammen – für einen Moment. Dann läuft alles wieder rückwärts. Refuse the hour, eine E G D I R T N E K´sche List? Uncertainty. Prozess – ion goes on and on. Nichts ist sicher. „no it is!“.
Tischlerei in der Deutschen Oper Berlin: UNDERLINE
UNDERLINE
zieht den Betrachter in einen Sog von audio-visueller Konstruktion und De-Konstruktion unter höchstem physischen Einsatz aller Akteure. Deville Cohen und Hugo Morales haben sich hier von dem futuristischen Roman „Flatland“ von Edwin A. Abbot, in dem die autobiografische Geschichte eines Quadrats erzählt wird, inspirieren lassen. Eine topologische Raumerkundung, in der Zweidimensionales äußerst subtil Dreidimensionales vorgaukelt und umgekehrt und das alles mit Modulen aus dem Bauhaus, sowie konstruktivistischen, karussellartigen Skulpturen, die sich unter schwerster körperlicher Anstrengung immer wieder verwandeln und gleichzeitig als Projektionsfläche dienen, auf der in ausgefeilten Videos das Spiel mit den Dimensionen in Vexierbildern weitergetrieben wird. Die vier Perkussionisten arbeiten auf grauen Regenrohren und blasen in Plastikschläuche – in der elektronischen Bearbeitung entstehen atemberaubende Soundsequenzen, die dann wieder gebrochen werden durch den Einsatz von elektrischen Werkzeugen, z.B. einer Stichsäge. So entwickelt sich eine theatralisch – musikalische Sequenz aus der anderen, in der sich geradezu organisch alle Elemente früher oder später aufeinander beziehen in der Konstruktion und der De-Konstruktion. Hier wird die Schopenhauer´sche Idee der Welt als Vorstellung im wahrsten Sinne des Wortes Vorstellung auf der Bühne.
Weitere Vorstellungen: 18., 19., 23., 24 Juni 2016