Wie der Krieg lautlos weiter tobt – ein transgenerationales Erbe
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Ein tränenreiches Symposium
Vom 14.-17.9.2011 veranstaltete die Universität Alicante in Zusammenarbeit mit der Fundación Frax in Albir (Alicante) ein viertägiges Symposium zum Thema „Erinnerungskultur, Trauma und Identität“ unter der Federführung von Frau Prof. Irene Prüfer, selbst ein Kriegs- und Flüchtlingskind und Augenzeugin des argentinischen Terrors. Drei betroffene Länder waren beteiligt : Spanien, der Bürgerkrieg und vierzig Jahre Franco, Deutschland unter der NS-Zeit und der zweite Weltkrieg sowie Argentien unter der Dikatur von Jorge Videla. Die Annäherung erfolgte interdisziplinär mit Experten aus den drei Ländern: Historiker, Augenzeugen, Pychotherapeuten und Juristen. Workshops der drei eingeladenen Psychotherapeuten rundeten das Programm ebenso ab wie allabendlich stattfindende kulturelle Veranstaltungen (Lesungen, Filmvorführungen und ein Künstlergespräch).
Ganz besonders erschütternd waren die Berichte der Augenzeugen, die als Kinder Krieg und Terror erleben mussten. Trauer und Wut vermischten sich: der Verlust um Väter, Mütter, Anverwandte und Freunde durch Terror und Gewalt sind lange nicht überwunden und wirken oft genug in den nachfolgenden Generationen als stilles Erbe weiter. Immer wieder mussten die Vortragenden sich unterbrechen, weil sie ihren Tränen freien Lauf liessen. Lange genug wurde in den Familien geschwiegen. Mehr als ein halbes Jahrhundert musste vergehen, erst jetzt können Schuld und Scham ganz allmählich überwunden werden.
Quintessenz der vier Tage ist neben der Notwendigkeit einer internationalen strafrechtlichen Verfolgung gegen die Verletzung der Menschenrechte, die der Wahrheitsfindung und der Gerechtigkeit dient, die eindringliche Forderung nach einer Erzähl-Kultur, nach einer Rede-Kultur. Nur wenn die Opfer anfangen über die traumatischen Erinnerungen zu reden, darüber zu erzählen, können diese Erfahrungen integriert werden, denn sie sind Teil ihrer Biografien. Nur dann, wenn die Erfahrungen benannt werden, nicht als ein unterkühltes Aufzählen der Ereignisse, sondern mit ihrer ganzen Bandbreite der Affekte vermittelt werden, bleiben sie nicht länger abgespalten. Und nur dann können nachfolgende Generationen vor dem Erbe eines lautlosen Krieg, der im Inneren weiter tobt, bewahrt werden.
http://dti.ua.es/es/memoria-historica-identidad-y-trauma.html
von links nach rechts: Oscar Strada (FEDEAR), Luis Dualde (Staatssekretär für Menschenrechte, Buenos Aires) und Fr. Prof. Irene Prüfer
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