artist´s statement

Am Anfang war das KRATZEN. Vom Bild kommend, entdeckte ich in den achtziger Jahren das Kratzen zunächst als bildnerischen Ausdruck und fast parallel seine akustische Qualität. Daraus entwicklete ich ein zentrales gestalterisches Element einer künstlerischen Spurensuche auf visueller Ebene, als gekratztes Zeichen im Bild (siehe “visuals”), und auf akustischer Ebene unter Einsatz von Kratzsticheln, metallenen Fingerhüten, Topfkratzern etc. auf unterschiedlichsten Materialien wie z.B. Schiefer, Glas, Metallplatten sowie Kontaktmikrophonen und elektroakustischer Infrastruktur.

Zur “Spurensuche” dienen mir längst auch diverse Mikrophone mit denen ich Klänge aufzeichne, die dann in Programmen wie Logic Audio, Pro Tools oder durch die Programmierung in max/MSP musikalisch “umgeschrieben” werden können.

Paradigmatisch kommentiere ich im folgenden einige Arbeiten “AL PIE DE LA LETRA” (Klanginstallation+Performance)  und  “SPRACHE, DIE SCHREITET SO TÖNEND” (radiophone Klangkunstproduktion), die beide vom Raum aus gehen. Im ersten Fall von einem ganz konkreten physischen Raum, nämlich dem alten Lesesaal der Biblioteca Francesca Bonnemaison in Barcelona: endlose Bücherregale mit Enzyklopädien, Wörterbüchern und anderen Nachschlagewerken, im oberen Teil des Raumes eine Galerie mit weiteren Bücherregalen, in der Mitte des Raumes  alte Lesepulte mit Lampen.  Das Auftragswerk sollte nicht nur die physischen Begebenheiten der Bibliothek aufgreifen, sondern auch eine kleine Hommage an ihre Gründerin, Francesca Bonnemaison, sein. Tatsächlich entwickelt sich diese Arbeit ganz aus der ganz konkreten Raumsituation, in der zunächst Samples aus Raumaufnahmen erklingen und historische Fragmente aus dem Nachlass der Gründerin, und geht allmählich in eine hermetische Welt des Lesens und der Reflektion über und imaginiert auf akustischer Ebene einen abstrakten Denk-Raum.

In einer anderen Arbeit entwickelte sich die radiophone Komposition aus einem akustisch vorgestellten Raum: sie imaginiert den Turm, in dem der Dichter Friedrich Hölderlin die letzten 36 Jahre seines Lebens verbrachte, und entwickelt als Spiegel seiner Seelenzustände einen inneren, psychischen Raum aus  (verfremdeter) Sprache, (scratching) Sounds und Musik.

2009 beschäftigt mich ein anderer Raum: das “Labyrinth”. Unter dem  englischsprachigen Titel “maze” realisierte ich eine radiophone Klangkunstproduktion, die von einem “performativen Feldversuch” ausgeht und inspiriert ist von den Metro-Katakomben meines zweiten Wohn- und Arbeitsplatzes: Madrid. Im klassischen Labyrinth konnte man sich ja eigentlich gar nicht verirren, denn bekanntlicher Weise führte der Weg zwar verschlungen hin und her und umkreiste siebenmal die Mitte, bis er sie früher oder später tatsächlich erreichte – nur durfte man vorher nicht umkehren. Der Raum “Labyrinth” spiegelt hier mit seinen Irrungen und Wirrungen und seinem Wandel widerum einen inneren subjektiven Raum.

Dabei sind die klangkünstlerischen Protagonisten:  Scratching-Sounds, ebenso wie Soundscapes und der (jazzige) Rhythmus eines Schlagzeugbesens, der Bauch eines Kontrabass und die physische Atemlosigkeit der Performerin.

Beide Ansätze sind charkteristisch für meine klangkünstlerischen Arbeiten.

Ein weiterer Aspekt meiner Spuren-Arbeit für das Radio sind meine künstlerischen Radio-Features wie z.B. “RADIO-RAMONISMO – auf den Spuren von Ramón Gómez de la Serna” (Schriftsteller, Radiopionier der zwanziger, dreissiger Jahre). Der Zuhörer ist hier eingeladen sich auf eine akustische Zeitreise einzulassen mittels Archivaufnahmen, Feldaufnahmen, Musik aus der Zeit, O-Tönen und einem nachempfundenen alten Radio, in dem die Parasiten toben.

Oder zueltzt “Die Sprachschaukel in meinem Kopf”. Ich schreibe das Skript, führe Regie und produziere die Klanggestaltung.