Operation Bolero – das spanische Kollektiv in Ost-Berlin
Feature von Rilo Chmielorz
Fernando sah als 14-Jähriger die Lastwagen vorfahren. Marguerite und Olga waren zu jung, um zu begreifen, was im Herbst 1950 passierte. Ihre Väter und Brüder hatten gegen Franco gekämpft und mit ihren Familien in Frankreich überlebt. Mit Beginn des Kalten Krieges wurden die ausländischen Kommunisten der französischen Regierung unbequem.
Ab dem 7. September 1950 wurden die Spanier nachts auf LKWs weggefahren. Eine 30-köpfige Gruppe wurde zunächst in den Südwesten der Bundesrepublik, in die bis dato französisch-besetzte Zone, gebracht. Dort verfrachtete man sie in einen Bus und lud sie in der Nähe von Plaun ab. Die Spanier schlugen sich durch an die Grenze der DDR. Dort wurden sie als politische Flüchtlinge aufgenommen, erhielten Papiere, Wohnraum, Arbeit – und sorgfältige Überwachung.
Sie ließen sich erst in Dresden, später in Ost-Berlin zum Teil am schönen Orankesee nieder, wohin ihnen ihre Frauen und Kinder folgten. Marguerite, Fernando und Olga sind im „spanischen Kollektiv“ als DDR-Bürger aufgewachsen.
Produktion: DLF 2016
scheitern ist.
S C H E I T E R N I S T.
Feature von
Rilo Chmielorz
im gewöhnlichen nhd. gebrauch wird das wort nur in dem eben angegebenen sinne angewendet: das schiff scheitert, navis naufragium facit. Stieler 1750;
wie wenn ein schiff sich scheitert an den klippen. A. Gryphius 2, 114.
Schon mal das Gift des Scheiterns in den Adern gespürt, wenn man unbedingt etwas erreichen will, dann komplett Schiffbruch erleidet und sich in einem Meer von zerborstenen Holzscheiten wieder findet? Klar, denn was das Scheitern betrifft, sind doch eigentlich alle Experten.
Rilo Chmielorz inszeniert einen akustischen Schiffbruch. Und so fliegen dem Hörer zunächst die O-Ton-Fragmente um die Ohren wie die Holzscheite dieses im Zerbersten begriffenen Schiffes, um sich erst ganz allmählich zu etwas Eigenem zu fügen. Eine fragile Angelegenheit.
„Ever failed. No matter. Try again. Fail again. Fail better.“ – Becketts Credo der Moderne. Scheitern ist. Nicht mehr und nicht weniger.
So, 1.5. 2016
14.05 Uhr
forgotten cities
Die Ausstellung ist nicht groß und keine Kriegsberichterstattung – und dennoch lässt sie den Betrachter an einer tiefberührenden Verdichtung von Bürgerkrieg teilnehmen. Wir sehen Bilder, die wir in den Medien nie zu Gesicht bekamen: Bürgerkrieg im Nahbereich: der verzweifelte Versuch so etwas wie Alltag und Alltägliches fest zu halten – dazwischen die Videosequenzen mit den Freunden auf der Flucht. Genau dahin lenkt uns Hayyan´s Blick und hier können wir uns den Ereignissen in Deir Ezzor im Osten Syriens nicht länger entziehen.
Ann Christine Jansson hat Hayyan bei seiner Odyssee durch die deutsche Bürokratie begleitet. Auch hier Begegnung im Nahbereich – wir spüren die Sorge eines jungen Mannes um Zukunft.